Neuer Job - gar nicht mein Ding?

02.10.2022

FTR Shooting bei Rothsee-Choppers im Mai 2020

Liebe Leserinnen und Leser,

es gibt wirklich gute Neuigkeiten bei mir!

Zum 1. September 2022 habe ich einen neuen Job angefangen! Eine aufregende und herausfordernde Zeit liegt hinter mir. Nun sind die ersten vier Wochen - der erste Monat - geschafft und ich berichte Euch gerne, wie es mir ergangen ist.

Wie viele von Euch wissen habe ich nach dem Studium begonnen bei meinem Vater in der Firma zu arbeiten. Dies war einerseits dadurch bedingt, dass mein Vater erkrankt war und Unterstützung benötigte. Andererseits hatte ich selbst nach meinem Studium ein mentales Tief und wollte von meinem Studienfach - den Geschichtswissenschaften - erst einmal nichts mehr sehen und hören. ;-)

Zu Beginn der Arbeit bei meinem Vater habe ich ihn im operativen Tagesgeschäft, vor allem im Online/Offline-Kundenkontakt, unterstützt. Dabei habe ich schnell herausgefunden, dass mich diese Art der Arbeit energetisch weit weniger herausfordert wie das wissenschaftliche Arbeiten. Der Grund: Mein Perfektionismus und die Wissenschaft waren stets eine ungünstige Kombination für mein Wohlergehen. Es gibt für uns Geisteswissenschaftler immer noch einen Titel, den man zusätzlich konsultieren kann. Es gibt immer noch ein Detail, das geprüft werden kann. Es gibt immer Textpassagen, an denen gefeilt werden kann. So war ich auch nie zufrieden mit meinen Arbeiten und konnte stundenlang darüber nachgrübeln, was denn alles noch verbessert werden müsste, damit es eine runde Sache wird. Einen entspannten Feierabend zu verbringen war ich damals leider selten in der Lage.

In der Firma meines Vaters habe ich entdeckt, dass arbeiten auch leicht sein darf, ohne am Ende des Tages mit rauchendem Kopf auf dem Sofa vor mich hin zu vegetieren. Die dazugewonnene Energie war anfangs so ungewohnt für mich, dass ich ständig unzufrieden mit mir war und das Gefühl hatte, dass ich jetzt gar nichts "geleistet" hätte am Ende des Tages. Weil - so meine Überzeugung - ich war ja gar nicht erschöpft von meinem Arbeitstag. Im Umkehrschluss habe ich also noch nicht genug getan. Noch nicht genug geleistet.

Nach einigen Monaten bei meinem Vater habe ich begonnen das Marketing-Konzept der Firma umzustrukturieren. Habe eine neue Website gestaltet, Social-Media neu aufgezogen und - wie ihr wisst - die Lebensgeschichte meines Vaters in Kombination mit der Firmenhistorie schriftlich festgehalten. So konnte ich meine Liebe zur Geschichte und meine kreative Ader in Einklang miteinander bringen und erkennen, dass ich mich beruflich künftig in eine andere Richtung bewegen möchte. Eine, die mich weniger ausbrennt, sondern mir mehr zurück gibt.

Da für mich klar war, dass ich auf eigenen Beinen stehen möchte, wurde es irgendwann Zeit für mich, mich nach einer neuen Stelle umzusehen. Doch diese Aufgabe erwies sich als Herausforderung. Es folgte eine Zeit mit zahlreichen Bewerbungen, Vorstellungsgesprächen, Erkenntnissen und dem ein oder anderen Durchhänger. So manche Stelle hätte ich gerne gehabt, die ich dann doch nicht bekommen habe. Bei anderen Stellen habe ich von meiner Seite aus bemerkt, dass sie mir nicht zusagen und ich mir keinen Gefallen damit tue, wenn ich sie annehme. Es war keine leichte Zeit.

Im Juli diesen Jahres bin ich dann zufällig auf eine Stellenanzeige in einem mir vollkommen fremden beruflichen Sektor gestoßen. Eine Stelle als Marketingmitarbeiterin. In der Finanzbranche. Ich dachte sofort, dass diese Branche und folglich auch der Job überhaupt nicht "mein Ding" sei. Vor allem der Dresscode bereitete mir Kopfzerbrechen. Da die Stelle aber günstig zu meinem Wohnort gelegen ist, war ich der Meinung, dass eine Bewerbung ja nicht schaden könne.

Ich war unglaublich angespannt und nervös vor dem Kennenlerngespräch. Als ich zum Gespräch in der Firma ankam, wurde mir direkt sehr deutlich bewusst, dass ich mit extremen Vorurteilen dort ankam. Ich war davon ausgegangen, dass es dort sehr steif und konservativ zugehen müssen. Ich hatte befürchtet, dass ich dort menschlich mit meiner empathischen und emotionalen Art nicht reinpassen würde.

Und direkt ab der ersten Sekunde als ich diesen Raum betrat und begrüßt wurde stellte ich fest, dass ich mir - entschuldigt diesen Ausdruck - einen Haufen Bullshit zusammengereimt hatte, der auf keinerlei persönlichen Erfahrungen, sondern eher auf landläufig verbreiteten Vorurteilen basierte. Ich wurde super herzlich empfangen und führte ein Gespräch auf Augenhöhe mit der zuständigen Mitarbeiterin. Von Steifheit keine Rede. Es wurde sich Zeit genommen mir zu erklären, welche Aufgaben ich künftig zu übernehmen hätte und was von mir erwartet werden würde. Das klang alles zu gut, um wahr zu sein.

Sollte es so einfach sein? Sollte MEINE Stelle nach langer Suche hier, in dieser Branche, auf mich gewartet haben? Nach dem Gespräch war mein Kopf ganz schön durcheinandergewirbelt.

Nur wenige Tage später wurde ich zum Probearbeiten geladen und mein erster Eindruck wurde bestätigt. Eigentlich wäre die Stelle genau mein Ding?! Ich hatte zu dem Zeitpunkt zwei weitere Bewerbungsverfahren am Laufen. Eine davon in einem Bereich, von dem ich immer gesagt habe, dass ich mich zukünftig dort sehe.

Mein Entschluss aus dem Bauch heraus war dennoch schnell gefasst: Ja, ich möchte die Stelle haben, wenn ich sie bekomme.

Zwei Tage später dann der Anruf: Sie wollen mich auch! Und ich habe zugesagt.

Und was soll ich sagen? Ich habe es bisher keine Sekunde bereut.

Die Arbeit macht mir bislang wirklich Spaß, die Aufgaben sind spannend und ich bin sehr zufrieden, dass alle meine vorherigen Bewerbungen ins Leere verlaufen sind, denn ansonsten hätte ich diese Stelle jetzt nicht bekommen. Das Team ist superlieb. Herzliche, empathische Menschen. Meine Mentorin arbeitet mich strukturiert ein und ist eine gute Ansprechpartnerin bei jeglichen Fragen. Alles in allem: Ich bin ein Glückspilz mit dieser neuen Stelle!

Natürlich waren die ersten Tage und Woche unheimlich heraufordernd für mich. Auch in den Wochen vor Arbeitsbeginn war ich alles andere als tiefenentspannt. (Ehrlich gesagt war ich genau das Gegenteil davon ! ;-) )

Mein Perfektionismus hat mich in den ersten Tagen komplett übermannt. Ich habe versucht alle Informationen - und es waren sehr viele - zu 150% aufzunehmen. Mein Kopf war überfordert mit diesem Anspruch. So meldete sich mein Körper auf dieses zwanghafte Verhalten von mir mit Panikattacken auf der Arbeit. Das war richtig schwierig für mich, nicht in die Angst vor der Angst-Schleife zu geraten. Ich hab es aber irgendwie hinbekommen.

Mit viel Selbstfürsorge, Yoga, Mental-Kärtchen für die Arbeit schreiben und langen Gespräche bzw. Kuscheleinheiten mit meinem Mann und den Kätzchen. ;-)

Grund für meine überschießenden Emotionen war unter anderem, dass direkt 1,5 Wochen nach meinem Einstieg ein großes Sommerfest der Firma mit 150 Personen stattfand und jetzt im Oktober eine viertägige Fortbildung mit vielen unbekannten Gesichtern.

Ansonsten habe ich gemerkt, dass ich gerade viel Ruhe brauche und wenig Energie für soziale Kontakte habe. Außerdem darf ich noch lernen mit dem Thema "Fehler machen" besser umzugehen. Auf der Arbeit sind mir nun schon 1-2 kleinere "Fehler" passiert, die ja eigentlich gar keine richtigen Fehler sind. Ich hab mich im Nachgang unheimlich geärgert, über mich. Warum ich an dieses oder jenes nicht gedacht habe. Von diesem Denken darf ich auch noch wegkommen. Ich bin nicht fehlerfrei und das sollte auch nicht mein Anspruch sein.

Zudem fühle mich gerade recht dünnhäutig und auch näher am Wasser gebaut als ohnehin schon. ;-) Der Tod unserer lieben Katzendame beschäftigt mich auch nach wie vor. Ich denke oft an sie. Wie sie mir abends beim Kochen Gesellschaft geleistet hat oder mir interessiert beim Wäsche aufhängen oder Toilette putzen zugesehen hat ;-) Es war einfach so eine schöne Zeit mir ihr.

Sie hat mir einfach unheimlich viel Stabilität gegeben durch ihre liebevolle und fürsorgliche Art. Sie hat es gespürt, wenn ich geknickt war und hat sich auf meine Brust gelegt und mich umsorgt. Es wird wohl noch ein Weilchen dauern bis ich sie loslassen kann.

Aber das ist ja auch in Ordnung.


Alles Liebe, Eure Jacqueline

Erstellen Sie Ihre Webseite gratis! Diese Website wurde mit Webnode erstellt. Erstellen Sie Ihre eigene Seite noch heute kostenfrei! Los geht´s