RESET

Liebe Leserinnen,
die letzten 6 Wochen waren bei mir stark geprägt von Neuorientierung und Veränderung. Ich bin weiterhin intensiv damit befasst mein Leben neu aufzubauen.
Das heißt, ich bin dabei den Ziele-Plan, den ich mit meinem Psychologen in der Tagesklinik ausgearbeitet habe, umzusetzen. Das große Stichwort lautet hier EXPOSITION. Die Expositionstherapie oder Konfrontationstherapie ist eine Methode aus der Verhaltenstherapie. Sie kommt häufig bei Angststörungen, insbesondere bei Spezifischen Phobien, bei Agoraphobie (Platzangst) mit und ohne Panikstörung, bei Sozialer Phobie und bei Zwangsstörungen zum Einsatz. Die betroffene Person lernt in der Exposition bzw. Konfrontation sich gezielt den Situationen oder Objekten auszusetzen, durch welche ihre Ängste ausgelöst werden.
So habe ich mich die letzten Wochen bzw. Monate regelmäßig selbst herausgefordert und in kleinen Schritten immer wieder überwunden Dinge zu tun, die aktuell bzw. im Allgemeinen schwierig für mich sind. Unter Menschen gehen, für mich einstehen, Grenzen setzen, Selbstfürsorge betreiben, Auto fahren, außerorts übernachten, Arzttermine wahrnehmen usw.
Ich bin noch immer mit meinen Leuten aus der Tagesklinik in Kontakt, die mir unheimlich ans Herz gewachsen sind. Ich will diese Menschen nicht mehr missen. Wir stützen und unterstützen uns gegenseitig, weisen uns auf alte Muster hin, die längst überholungsbedürftig sind, machen uns Mut und (was vermutlich noch entscheidender ist) üben auch mal Kritik aus, wenn die/der andere in Selbsthass und Unzufriedenheit versinkt, weil (vermeintlich) zu wenig voran geht. Mein Klinik-CRUSH sagt dazu immer, dass sie gleich bei mir vorbeikommt, um mir den "den A… auszuhauen". Liebe diese Frau…
Ich bin im Moment zufrieden damit, dass ich meine Expo-Themen im Rahmen der Agoraphobie nicht mehr auf die lange Bank schiebe, sondern regelmäßig und gezielt Therapie-Schritte angehe. Die Bewältigung dieser kleinen Schritte gibt mir Kraft. Auch wenn ich noch nicht so richtig weiß, wie ich stolz auf mich sein kann oder (und das ist mein Hauptthema) wie ich mich ausruhen oder nichts tun kann, ich komme voran. Das kann nicht mal ich bestreiten.
Ich habe nun auch endlich die Darm-Kur durchgezogen, die ich schon sehr lange machen wollte. Daher waren die ersten drei Oktoberwochen unheimlich herausfordernd für mich. Aufgrund chronischer Migräne (inkl. Erbrechen) unterzog ich mich einer zeit- und nervenaufreibenden GAPS-Diät. GAPS ist die Abkürzung für "Gut and Psychology Syndrome".
Der Begriff soll alle psychischen Erkrankungen zusammenfassen, die durch einen kranken Darm verursacht werden. Die GAPS Diät richtet sich insbesondere an psychisch Erkrankte (z.B. Depression, Essstörungen, Autismus) und an Patienten mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen sowie Leaky-Gut-Syndrome. Die Idee hinter dieser Darmkur ist, dass eine gestörte Darmflora wesentliche Ursache für viele psychische Störungen wie körperliche Erkrankungen sein kann, so z. B. auch für Asthma, Reizdarm-Syndrom, Neurodermitis und Herzprobleme.
Alles, was wir zu uns nehmen, hat Einfluss auf unsere Darmgesundheit und entscheidet darüber, welche Nährstoffe von unserem Körper aufgenommen und welche Schadstoffe ausgeschieden werden.
Die GAPS-Diät zielt darauf ab, die Darmschleimhaut zu heilen, indem sie Lebensmittel, die den Darm reizen und Entzündungen fördern, eliminiert.
Die Diät war deshalb so herausfordernd für mich, weil ich mich drei Wochen lang hauptsächlich von hausgemachter (mind. 6 Stunden gekochter) Rinder- oder Hühnerbrühe, Fleisch, Eiern und probiotischen Lebensmitteln ernährt habe. Als ehemalige Vegetarierin nicht einfach.
In der Theorie soll die Voll-Diät circa zwei Jahre durchgeführt werden... -_- Dies ist jedoch im Rahmen eines normalen Alltags kaum möglich. Es wird unheimlich viel Zeit für die Zubereitung von Gerichten benötigt und der Verzicht auf Stärke/Kohlenhydrate schränkt die Auswahl der Lebensmittel stark ein.
Die ersten beiden Wochen ging es mir eher schlechter als besser. Ich hatte sehr oft starke Kopfschmerzen und hatte mehrfach überlegt, die Diät abzubrechen. Ab der dritten Woche hatte ich urplötzlich mehr Energie als ich es von mir gewohnt war und auch die Kopfschmerzen wurden milder. Auch jetzt bemerke ich noch immer deutliche positive Veränderungen.
Vor einer Woche habe ich mit der stufenweisen Wiedereingliederung in meine Arbeitsstelle begonnen. Ich bin dankbar, dass es diese Vorgehensweise bei uns gibt. Ich bin zwar noch nicht gesund, aber teilweise belastbar. Die Wiedereingliederung gibt mir die Möglichkeit, mich langsam an den Arbeitsalltag heranzutasten. Und zu lernen, dass ich nicht lebe, um zu arbeiten – sondern im Idealfall arbeite, um zu leben.
With all my heart,
Jacqueline