The universe has my back

28.09.2024

Liebe Leserinnen,

meine Zeit in der Tagesklinik ist nun leider beendet. Leider, weil ich nicht nur sehr viel über mich lernen durfte, sondern vor allem auch, weil ich wundervolle Menschen kennengelernt habe.

Menschen, die dasselbe fühlen wie ich. Die mit sich selbst kämpfen. Die ihre Grenzen nicht kennen. Die sich wertlos fühlen. Die mehr im Außen unterwegs waren und sind als bei sich selbst. Und die eine Erkrankung entwickelt haben, weil es keinen Ausweg mehr gab.

Vorbei die Zeiten, in denen man sich täglich sieht. Den ganzen Tag gemeinsam verbringt. Zusammen lacht, zusammen weint. Sich gegenseitig therapiert. Sich unterstützt und Mut zuspricht. Sich auch mal harte Wahrheiten vor den Latz knallen. Das schafft Vertrauen.

Und es verbindet auch sehr.

Der Abschied hat sich für mich so angefühlt wie damals beim Abitur. Es war emotional sehr aufwühlend und verwirrend für mich, dass die Zeit nun zu Ende ist. Es hat mir rückblickend so gutgetan unter gleichgesinnten Menschen zu sein. Die mich nicht verurteilen, wenn ich das x-te Mal in ein altes Muster verfallen bin, wieder nicht auf mich geachtet habe oder sonstiges selbstschädigendes Verhalten betrieben habe. Sondern mich danach aufbauen und mit mir meine kleinen Erfolge feiern.

Es scheint so als ob das Universum doch immer nur FÜR MICH gewesen ist, als es mich im Frühjahr diesen Jahres so umgehauen hat, dass ich dachte, ich stehe nie wieder auf.

Ich habe auch viel darüber nachgedacht, warum mir die Zeit in der Klinik noch so gutgetan hat: Ich wusste ja schon lange, dass ich bislang ständig darum gekämpft habe, mir selbst meinen Wert durch Leistung zu beweisen. Ein vergeblicher Kampf, der jeden Tag von Neuem losgeht.

"Du sollst deinen Wert nicht von Leistung abhängig machen. Du bist wertvoll, weil es dich gibt." – Ja, diese Aussagen hatte ich auch schon so oft gehört.

Doch ich hatte sie noch nie wirklich gefühlt. Erst recht nicht, als ich vollkommen fertig, schlaflos, abgemagert und arbeitsunfähig mit dauerhaften Panikattacken zuhause auf dem Sofa lag.

Doch in der Klinik ist unbemerkt etwas passiert, dass ich fest in meinem Gedächtnis behalten will: Ich habe meinen Wert zum ersten Mal in meinem Leben unabhängig von meiner Arbeitsleistung gefühlt. Das ist mir erst im Nachgang bewusst geworden.

Aber wie?

Die Erkenntnis hat bei mir auf zwei verschiedenen Ebenen stattgefunden:

Einerseits habe ich jeden Tag miterlebt, wie sich wundervolle, bezaubernde, tolle Menschen, die liebenswert as fuck sind, selbst als wertlos ansehen.

Menschen mit riesengroßen Herzen, die aufgrund ihrer Arbeitsunfähigkeit am Boden zerstört sind und nicht mehr wissen, wie sie den nächsten Tag überleben sollen. Weil sie nicht in der Lage sind Leistung zu erbringen. Und somit nicht in der Lage sind, sich selbst ihren Wert zu beweisen.

Menschen, die sich unglaublich dafür schämen Hilfe zu brauchen. Menschen, die sich schlecht fühlen, weil sie das Gefühl haben, den Klinikaufenthalt nicht verdient zu haben.

Das waren und sind Themen, die ich alle sehr gut nachvollziehen konnte. Aber ich war in Bezug auf die anderen  auch vollkommen anderer Meinung. Denn ich war der Überzeugung, dass diese wundervollen Menschen alle Zeit der Welt verdient haben, um gesund zu werden und sich zu heilen.

Ich wäre niemals auf den Gedanken gekommen, dass nur ein einziger meiner Mitpatienten nicht wertvoll sei, weil er/sie gerade nicht arbeitsfähig ist.

Das hat mir schon zu denken gegeben. Warum mache ich den Wert von anderen nicht von ihrer Leistung abhängig?

Andererseits habe ich meine Einstellung in Bezug auf meinen Wert hinterfragen können, weil ich im Laufe der Klinikzeit von meinen Mitpatientinnen das Gefühl vermittelt bekommen habe, dass es gut ist, dass ich da bin – und dass sie mich gerne um sich haben. Es ist ein schönes Gefühl so viel Zuneigung zu spüren.

Und zwar einfach nur, indem ich da bin. Zuhöre. Ermutige. Eine liebevolle Umarmung schenke. Oder ein Lächeln.

Und dass es ihnen egal ist, ob ich gerade arbeitsfähig bin oder nicht.

Ich habe dieses Gefühl nun "live" erlebt und möchte versuchen es so oft wie möglich wieder in mir abzurufen. So kann ich agieren, ohne den Fokus im Außen zu haben.

So zumindest der Plan…

Wenn es mir gelingt, dann bin ich glaube ich einen Monsterschritt weitergekommen auf meinem Weg der Heilung.

With all my heart,

Jacqueline

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